Fataler Sturz am Blumenkübel

Straße abgefräst, Gehweg blockiert: 31-Jährige bricht sich beide Füße
VON JENS REICHENBACH

Nicht zu beneiden | FOTO: ANDREAS FRÜCHT

Bielefeld-Jöllenbeck, 21. Aug. 2010 Ein großer Blumenkübel steht am Dienstagabend, 10. August, auf dem Bürgersteig an der Straße Am Waldschlösschen. Die Straße daneben ist für den Verkehr gesperrt. Die Fahrbahndecke ist zur Erneuerung abgefräst worden. Jessica Wunder muss auf dem Weg nach Hause den Bürgersteig verlassen, macht einen Schritt ins Straßenbett, knickt um, stürzt und schreit vor Schmerzen auf. Beidseitig brechen ihr die Mittelfußknochen. Rechtsexperten müssen nun die Schuldfrage klären.

Die ehemalige Katag-Angestellte, die erst vor drei Monaten ins spanische Sevilla ausgewandert war, ist fassungslos: „Ich habe unser Haus schon gesehen. Da stand plötzlich dieser riesige Kübel im Weg.“ Sie hatte beide Hände voll. „Eigentlich war es nur ein Mini-Schritt. Schon lag ich am Boden.“

Selbst die Ärzte wunderten sich über die weitreichenden Folgen des Sturzes: Im rechten Fuß der 31-Jährigen splittert der rechte Mittelfußknochen ab, im linken brechen der zweite, dritte und vierte Mittelfußknochen – sozusagen das Statik-Gewölbe ihres Fußes.

Wochenlang im Rollstuhl

Acht bis zehn Wochen darf sie ihre Füße nicht mehr belasten. „Das bedeutet für mich wochenlang Rollstuhl, das bedeutet für mich so bald keine Rückkehr nach Spanien, das bedeutet für mich den Umbau meines Bades, damit ich wenigstens duschen kann.“

Die 31-Jährige und ihr spanischer Freund José waren zwischen 22 und 22.30 Uhr von einem Ausflug aus Hamburg zurückgekehrt. Doch die Straße Am Waldschlösschen, wo die 31-Jährige nach ihrem Weggang nach Spanien noch eine Wohnung hat, war für Autos gesperrt. Müde und bepackt mit Taschen, Jacken und Flaschen mussten sie den Gehweg zum Haus nutzen. Doch am letzten Hindernis vor der Tür kommt es zum Unglück.

Für Vater Norbert Wunder ist der Fall klar: „So ein riesiger Blumenkübel hat auf einem Bürgersteig nichts zu suchen.“ Vorher hatten die Bottiche der Verkehrsberuhigung gedient. Für die Fahrbahnerneuerung waren die Kübel auf die Gehwege gehievt worden. „Aus Bequemlichkeit“, will Norbert Wunder erfahren haben, „direkt auf Höhe der vorigen Position auf der Straße. Nach dem Unfall waren sie plötzlich verschwunden.“ Inzwischen stehen sie aber wieder auf der komplett erneuerten Straße.

Versicherung eingeschaltet

Auf Nachfrage bei dem Gütersloher Bauunternehmer erklärte der kaufmännische Leiter: „Ein Mitarbeiter der Stadt wollte, dass wir die Kübel auf den Bürgersteig stellen.“ Das Unternehmen habe inzwischen seine Versicherung eingeschaltet: „Wir wollen den Vorgang möglichst sauber klären.“

Bei der Stadt sei das Rechtsamt informiert, so Jörg Lichtenberg von der Abteilung Verkehrswegebau West: „Ich betreue seit 20 Jahren Baustellen wie diese und habe schon viel erlebt. Aber dieser Unfall ist wirklich neu.“

Schließlich habe Jessica Wunder keine tiefe Grube zu überwinden gehabt. Lichtenberg: „Zwölf Zentimeter unter der Bürgersteigkante kam die Gosse, weitere 3,5 Zentimeter tiefer die abgefräste Straßendecke. Wir hätten nie den Gehweg gesperrt, normalerweise darf jeder unsere abgefrästen Straßen überqueren.“

Wunder glaubt, dass sie aber genau auf dieser Unebenheit zwischen Gosse und Straße weggeknickt sein muss: „Zu sehen war die für mich nicht.“ Lichtenberg sagte, ihm tue der Unfall sehr leid: „Das war eine Verkettung sehr unglücklicher Umstände“. Die Familie Wunder will dennoch einen Anwalt einschalten.