Der Vorsitzende vom Êzidischen Kultur Zentrum in Celle und Umgebung e. V. schreibt an Bruno Wollbrink

Celle, 10. Mai 2010 Sali Yalti Salih Yalti schreibt an den Herforder Bürgermeister

Sehr geehrter Herr Oberbürgermeister Bruno Wollbrink,

ezidische Mitbürger aus Herford beabsichtigen seit Längerem, ein Êzidisches Kulturzentrum in Herford zu errichten. Die Wünsche aus Herford werden immer deutlicher. Wir haben erfahren, dass die Stadtverwaltung in Herford diesem Vorhaben skeptisch gegenübersteht. Daher möchten wir Ihnen in diesem Schreiben von unseren positiven Erfahrungen in Celle berichten.

Das Êzidische Kulturzentrum in Celle und Umgebung e.V. wurde 1994 aus eigener, ehrenamtlicher Kraft von Menschen ezidischer Herkunft aufgebaut. Seither haben wir uns kontinuierlich entwickelt. Zum einen leisten wir inner-ezidische Aufgaben. Wir sind Ansprechpartner für Eziden in allen Fragen des öffentlichen und privaten Lebens. Jugendliche wenden sich an uns, wenn sie Probleme zu Hause haben oder aber Probleme haben, eine Ausbildung zu finden.

Erwachsene wenden sich an uns, wenn es Familienstreitigkeiten gibt und bitten uns, zwischen ihnen zu schlichten. Ferner feiern wir religiöse und kulturelle Feste, die einen eher besinnlichen Charakter haben. Unserem Kulturzentrum war es immer wichtig, selbstkritisch auf eigene traditionelle Verhaltensweisen zuzugehen, was dazu führte, dass wir in Form vieler Kampagnen gegen das sog. Brautgeld eingetreten sind.
Wir haben eine hauseigene Jugendarbeit und Frauenarbeit, die sehr gut mit ezidischen und nicht-ezidischen Personen arbeitet. Auf der anderen Seite waren wir stets offen nach Außen. Wir haben von Anfang an den Kontakt zu anderen „deutschen“ Vereinen, der Stadtverwaltung und auch den Schulen gesucht. Dies hat sich im Laufe der Jahre intensiviert.

Mit den Behörden arbeiten wir zusammen, ebenso mit der Stadtverwaltung (nicht nur im Bereich der Integration) und der Polizei. Wir fungieren als Brücke zwischen den Familien und den Behörden, Schulen oder sonstigen Einrichtungen. Gemeinsam mit der Stadt Celle veranstalten wir Diskussionsveranstaltungen und kulturelle Feste, die Menschen mit und ohne Migrationshintergrund zusammen bringen. Auch mit der Polizei kooperieren wir, wenn es z.B. um junge Frauen geht, die von zu Hause weglaufen und wir sind Kontaktstelle, wenn es um die Reduzierung der Jugendkriminalität geht. So haben wir beispielweise erfolgreich eine kriminelle Jugendclique an einer Schule aufgelöst, in dem wir den direkten Kontakt zu deren Eltern aufgesucht haben, nachdem die Schule keinen Zugang zu den Familien fand.

Auch zur Afrika Union, zur Synagoge und zu Kirchen in Celle haben wir Kontakt und stehen in einem Austausch. So haben wir mit der Stadtkirche beispielweise einen Austausch mit Kindern in 2008 gehabt; weitere Ideen sind in der Planung. Im Bereich der Schulen setzten wir uns für eine bessere Beherrschung der deutschen Sprache ein, denn dies ist die Grundvoraussetzung guter Leistungen in der Schule. Ferner bieten wir AGs an Schulen an, in denen Eziden und Nicht-Eziden zusammenkommen, um einander kulturell kennenzulernen. Dies ist nur ein kleiner Einblick in unsere Arbeit. Grundsätzlich lässt sich ergänzen, dass das Ezidentum keinen Fanatismus kennt und der Idee des Miteinanders und Füreinanders verpflichtet ist.

Sie sehen, dass die Errichtung eines Vereins einer Migranten gruppe keine Isolation bewirken muss, sondern dazu beiträgt, dass ein Teil der Bevölkerung als ein Teil der Stadt wahrgenommen wird. Wir können heute sagen, dass Dank des Ezidischen Kulturzentrums die Eziden in Celle sich als ein Teil ihrer Stadt begreifen. Das Ezidische Kulturzentrum ist inzwischen gut vernetzt und ist in die bestehenden Strukturen vor Ort gut integriert. Erst durch die Gründung eines eigenen Vereins können wir uns finden, uns definieren, uns kritisch mit unserer Religion und Kultur auseinander setzen, uns nach außen öffnen. Wir haben gelernt, dass ein Miteinander Vorteile nicht nur für uns, sondern auch für alle Mitbürger und der Stadt insgesamt bringen kann. Das Ezidische Kulturzentrum betreut heute ca. 6.000 Mitglieder.

Daher können wir die Errichtung eines Ezidischen Kulturzentrums in Herford nur begrüßen. Wir sind sehr gerne bereit, bei Gesprächen hinzuzukommen und unsere Erfahrung an Sie heranzutragen. Den Eziden in Herford stehen wir als erfahrene Einrichtung gerne als Wegbegleiter zur Verfügung, damit Fehler, die wir anfangs als völlig neuer Verein gemacht haben, vermieden werden können. Bei Fragen können Sie sich jederzeit an uns wenden.

Mit freundlichen Grüßen 
Salih Yalti
Vorsitzender