Haushalt: Keine Annäherung

Herford, 27. Juni 2012 „Bürgerliches Bündnis“ wird Wollbrinks Kompromiss nicht zustimmen
VON THOMAS HAGEN

Neues Patt vermeiden: Wolfgang Rußkamp / Foto: NW

Die Fronten in Sachen Haushalt 2012 sind verhärtet, das „Bürgerliche Bündnis“ aus CDU, FDP, Liste 2004 und Bürger für Herford macht Bürgermeister Bruno Wollbrink für das Scheitern der Haushaltsabstimmung verantwortlich. In einem Pressegespräch erklärten die Fraktionsspitzen Wolfgang Rußkamp (CDU) und Lothar Wienböker (FDP) sowie Heinz-Günther Scheffer, Dietmar Jäger (Liste 2004) und Daniel Brumberg und Heiko Krüger (Bürger für Herford) gestern, warum sie vom Bürgermeister ein Einlenken und die Absage der für den 3. Juli geplanten Rats-Sondersitzung erwarten.

Keinesfalls sei es akzeptabel, dass Wollbrink sich vom Ziel „Haushaltskonsolidierung 2020“ verabschiedet habe. „Neue Schulden machen und die Haushaltskonsolidierung mit immer neuen Steuererhöhungen zu finanzieren, das ist einfach der falsche Weg“, sagt Rußkamp. Selbst zaghafteste Sparbemühungen würde Wollbrink wieder kippen.

„Der Bürgermeister hat mit seinem Abstimmverhalten einen bürgerlichen Haushalt verhindert“, sagt CDU-Chef Rußkamp. Er und die Runde des „Bürgerlichen Bündnisses“ werfen dem ersten Bürger der Stadt „zwiespältiges Verhalten“ vor. „Wollbrink hat zuerst als einziger dem vom ihm eingebrachten Verwaltungsvorschlag zugestimmt, anschließend hat er aber auch dem Entwurf von SPD, Bündnisgrünen, der Linken und Bernd Reitmeier seine Zustimmung gegeben“, sagt Wienböker. Im ersten Fall hätte das Jugendzentrum Fla Fla schließen müssen, im zweiten Fall wäre es dank Zuschüssen gerettet gewesen. „Hätte sich Wollbrink hier konsequenterweise enthalten, wäre es bereits in der Ratssitzung am 15. Juni zur Verabschiedung des Haushalts gekommen“, fügt Rußkamp an.

„Aus der Luftnummer von Rot-Grün ist die Mogelpackung von Bruno Wollbrink geworden“, sagt Heinz-Günther Scheffer. Auch die Aufstockung der Mittel für den Immobilien- und Abwasserbetrieb um 400.000 Euro sei falsch. Daniel Brumberg (Bürger für Herford) geht sogar soweit, Wollbrink undemokratisches Verhalten vorzuwerfen. „Eine Enthaltung bei der Haushaltsabstimmung wäre sauber gewesen, schließlich war klar, dass der CDU eine Stimme fehlte“, sagt Brumberg.

Fordert Kompromissbereitschaft: Bruno Wollbrink / Foto: NW

Um eine ähnliche Situation und die von Wollbrink selbst nicht gewünschte „zufällige Mehrheit“ auszuschließen, sollte die Sondersitzung am 3. Juli ausfallen, die neuerliche Abstimmung erst nach den Sommerferien stattfinden. „Man kann eine Entscheidung von solcher Tragweite nicht dem Zufall überlassen. Und die Verschiebung hätte nur Auswirkungen auf die Zahlung der so genannten freiwilligen Leistungen.“

Info: Die Reaktion des Bürgermeisters

Wer das Wohl der Stadt vor Augen hat, ist bereit Kompromisse zu schließen. So lässt die Stellungnahme des „Bürgerlichen Bündnisses“ (noch) keine Bewegung erkennen. Stattdessen werden Argumente formuliert, die falsch sind.
Richtig ist: Auch mit dem Haushaltsvorschlag der bürgerlichen Mehrheit wird, wie beim Kompromiss, das Ziel eines ausgeglichenen Haushalts bis 2020, aufgegeben.

Der ursprünglich eingebrachte Verwaltungsvorschlag verfolgte dieses Ziel. Im Rat war keine Bereitschaft vorhanden, den schmerzhaften aber harmlosen Sparvorschlägen zu folgen. Gleichzeitig wurde ein Wille zur Einigung angedeutet. Ein solcher Kompromiss musste zwangsläufig teurer werden, da er die von allen Seiten gewünschten Mehrausgaben berücksichtigen muss. Das war Grundlage für den Kompromissvorschlag.

Ich habe diesen Vorschlag mit keiner Seite der Politik abgesprochen, da ich kein Signal für eine bewusste Parteinahme geben wollte. Bedauerlicherweise wurde es nicht zur Kenntnis genommen.

Ich halte an der Ratssitzung vom 3. Juli fest. Ich setze darauf, dass parteitaktische Spielchen zurückgestellt werden und es eine Bereitschaft gibt, Verantwortung zu übernehmen und Kompromisse zu schließen, zum Wohle unserer Stadt.“

Kommentar

Der städtische Haushalt – Mehrheitsvotum achten, Größe zeigen
THOMAS HAGEN

In diese Zwickmühle hat sich der Bürgermeister selbst gebracht. Er hat das Zünglein an der Waage gespielt. Ein Patt, also Stimmengleichheit, war die Folge. Die Stadt Herford steht ohne Haushalt da. Schmerzhafte Einschnitte sind nötig, um wieder Boden unter die Füße zu bekommen. Klarheit und Wahrheit – diese Maxime tut meist weh. Zwar hat Wollbrink in seinem Haushalts-Kompromiss Positionen des „Bürgerlichen Bündnisses“ übernommen, das gegnerische Lager aber nachhaltig verprellt. Ein neuerliches Patt würde die Folge einer Sondersitzung am 3. Juli sein – und rausgeworfenes Sitzungsgeld. Das kann niemand wollen. Wollbrink sollte einlenken und auf die bürgerliche Mehrheit zugehen – zum Wohle aller Bürger.