Herford Kaufhaus-Pläne erneut gescheitert

Herford, 21. März 2012 Investor zieht sich zurück – Wollbrink bedauert Nachricht
Von Peter Schelberg und Moritz Winde, Herforder Kreisblatt

Nun ist amtlich, was die Spatzen in Herford seit Wochen von den Dächern pfeifen: Die Gundlach-Gruppe aus Hannover hat ihre Pläne für ein Einkaufszentrum auf dem früheren Kaufhof-Gelände endgültig aufgegeben. Bürgermeister Bruno Wollbrink bestätigte gestern, dass das Projekt »Hanse-Carree« nicht realisiert wird.

»Diese Nachricht ist bedauerlich, denn nach wie vor steht für uns fest, dass auf dem Areal des ehemaligen Kaufhof-Geländes etwas geschehen muss«, betonte Wollbrink. Festzuhalten bleibe, dass sowohl eine große Lösung durch die Düsseldorfer Immobilien Treuhand-Gesellschaft (ITG) gescheitert sei als auch die kleinere auf Herford zugeschnittene Lösung der Gundlach-Gruppe.

Seit zwölf Jahren wird eine Nachfolgelösung für das seit der Kaufhof-Schließung ungenutzte Gebäude gesucht. Ende 2009 hatte die ITG ihre Pläne für den 25 Millionen Euro teuren Neubau eines Einkaufszentrums gestoppt. Daraufhin musste die Stadt Herford das Kaufhof-Grundstück für 3,1 Millionen Euro übernehmen. 2010 präsentierte Gundlach gemeinsam mit dem Herforder Büro Schlattmeier Architekten das 15-Millionen-Euro-Projekt »Hanse-Carree«. Trotz zweimaliger Fristverlängerung durch den Rat warfen die Projektentwickler aber jetzt das Handtuch.

Obwohl im Gehrenberg in der Nähe des Areals durch die Ansiedlung von fünf Geschäften eine positive Entwicklung festzustellen sei, »müssen wir zur Kenntnis nehmen, dass das ehemalige Kaufhof-Areal schwierig zu vermarkten ist«, sagte Wollbrink gestern im Haupt- und Finanzausschuss. Es müsse jetzt schnellstens geprüft werden, ob nach der Aufgabe der Gundlach-Gruppe andere Akteure das Objekt entwickeln wollten. Weil vor zwei Jahren ein großes Interesse vieler Investoren an dem Areal bestand, habe man bereits Kontakt aufgenommen.

Der Bürgermeister machte deutlich, dass keine Vorentscheidung ohne die Politik geschehen werde. Diese werde in die Gespräche mit einbezogen. Man müsse auch bereit sein, über alternative Nutzungen auf der Fläche nachzudenken. Schon in der nächsten Woche sollen in einer Arbeitsgruppe mit der Politik Weichen für das weitere Vorgehen gestellt werden, wenn erste Gesprächsergebnisse vorliegen.

Die Einschätzung Wollbrinks, der das Gundlach-Projekt seinerzeit favorisiert hatte, habe sich als falsch erwiesen, kritisierte CDU-Fraktionschef Wolfgang Rußkamp. Für das teure Innenstadt-Grundstück müsse nun eine wirtschaftlich optimale Lösung gesucht werden. »Wenn ein Gebäude so lange leer steht, dann ist der Bedarf doch offenbar nicht da«, warnte Andreas Rödel (SPD) davor, weiterhin »wie Hans hinter der goldenen Gans des Einzelhandels herzulaufen«. Lothar Wienböker (FDP) mahnte, künftig mehr auf Referenzen von Investoren und Zeitpläne zu achten.

Architekt Karsten Schlattmeier, der die Pläne für das neue »Hanse-Carree« entworfen hat, sagte, dass er die Gundlach-Absage sehr, sehr bedauere: »Wir haben viel Arbeit und Herzblut in das Projekt gesteckt. Da der Investor jedoch das finzanzielle Risiko trägt, muss er auch die Entscheidung treffen.«

Eine Stellungnahme der Gundlach-Gruppe war trotz mehrfacher Versuche nicht zu bekommen.

Der Schandfleck bleibt

Ein Kommentar von Peter Schelberg

Was lange währt, wird nicht immer gut: Um diese bittere Erfahrung sind Rat und Verwaltung jetzt reicher, nachdem die Neugestaltung des Kaufhof-Areals – leider – ein weiteres Mal gescheitert ist. Der Gundlach-Gruppe ist es nicht gelungen, die gewerblichen Mieter zu finden, die nötig wären, um das geplante Einkaufszentrum »Hanse-Carree« wirtschaftlich zu betreiben. Zwei weitere Jahre sind ergebnislos verstrichen, nachdem der Projektentwickler ITG Ende 2009 seine Pläne ad acta gelegt hatte. Geblieben ist ein Schandfleck im Herzen der Innenstadt, ein leer stehender Betonklotz.

Ob ein anderer der im Frühjahr 2010 vorhandenen sechs Interessenten erfolgreicher gewesen wäre? Das bleibt Kaffeesatzleserei. Festzuhalten ist aber, dass Bürgermeister Bruno Wollbrink die Politik im Mai 2010 mit dem von ihm favorisierten Gundlach-Projekt mehr oder weniger vor vollendete Tatsachen gestellt hat – auch wenn der Rat dem Vorhaben formal noch zustimmen musste.

Das kritisierte gestern insbesondere die CDU: Sie habe die Entscheidung trotz Bedenken aber mitgetragen, um das Projekt und die weitere Innenstadtentwicklung nicht zu gefährden. Nach dem Aus des Gundlach-Projektes will Wollbrink jetzt ausdrücklich gemeinsam mit der Politik nach einer neuen Lösung suchen. Da drängt sich die Frage auf: Warum nicht gleich so? Ein bisschen mehr Transparenz und Wettbewerb würde im übrigen auch nicht schaden.