Jetzt heißt es „sparen und gestalten“

Herford, 31. Okt. 2009  Zwei Monate nach der Kommunalwahl nimmt der neu gewählte Rat seine Arbeit auf VON BARBARA GLOSEMEYER

Traditionell ließen sich die Ratsmitglieder vor Beginn der konstituierenden Sitzung auf der Rathaustreppe fotografieren. Dem neuen Rat gehören 44 Mitglieder an. 14 von ihnen sind neu, darunter auch Erika Zemaitis von der Links-Partei (1. Reihe 3. v. l.). | FOTO: GERALD DUNKEL

Herford. Der Applaus für den wieder gewählten Bürgermeister gestern zur feierlichen Amtseinführung wird in den kommenden Jahren Seltenheitswert haben. Bruno Wollbrink weiß das. In seiner Antrittsrede vor dem neu gewählten Stadtrat legte er ein Konzept für die kommenden Jahre vor, das klar macht: Wir müssen sparen, und das wird Bürgern wie Politikern weh tun.

Das Minus von 14 Millionen Euro im städtischen Kernhaushalt mache eine radikale Haushaltskonsolidierung unumgänglich. Anders als die neu gewählte Bundesregierung werde Herford nicht allein auf Wachstum setzen können, sondern den Gürtel enger schnallen müssen. Dazu gehöre ein sofortiger Stopp der Nettoneuverschuldung, eine Reduzierung der Investitionen und laufenden Ausgaben sowie des Personals der Stadtverwaltung – möglichst „ohne betriebsbedingte Kündigungen“. Ziel sei es, bis zum Jahr 2015 einen ausgeglichenen Haushalt zu haben.

Der Bürgermeister machte aber auch deutlich, dass er „Sparen allein für keine gute Politik“ hält. „Wir werden keine visionsfreie Zone, weil wir kein Geld haben.“

Vielmehr gehe es darum, Prioritäten zu setzen und zu fragen, welche Aufgaben „wir uns in welchem Umfang noch leisten können und wollen“. Das müsse mit Augenmaß geschehen und „ohne den Bürgern ihre Freude an ihrer Stadt zu nehmen“. Kürzungen nach der Rasenmähermethode und die Zerschlagung von Infrastruktur seien mit ihm nicht zu machen.

Schon im Dezember will er dem Rat weitere Eckpfeiler der Konsolidierung und das Gutachten zum Kulturetat vorlegen.

Die 44 Ratsmitglieder warnte er davor, diesen Weg nicht mit zu gehen aus Angst, beim nächsten Wahlgang abgestraft zu werden. „Es wäre ein verheerendes Zeichen der Schwäche, wenn sich die Politik dem unbequemen Konsolidierungsprozess verweigerte.“

Die schlechte Wahlbeteiligung sei auch eine Kritik an der Kommunalpolitik insgesamt. „Ich bin davon überzeugt, dass wir mehr Zustimmung erfahren, wenn wir stark genug sind, unbequeme Entscheidungen zu treffen“, so Wollbrink. Es sei viel geredet worden in den vergangenen Jahren, jetzt gelte es zu handeln und die Ärmel hochzukrempeln.

Dies sei auch eine „riesige Chance“ des neu gewählten Rates, der in seiner politischen Zusammensetzung „sehr bunt geworden ist“. Der Bürgermeister hofft nun, dass dies „nicht mehr Streit, sondern mehr Ideenreichtum bringt, der konstruktiv ist – und ein Gewinn für die Stadt“.