Königin Mathilde – 1. Königin des ottonischen Reiches – die große Mutter Kaiser Ottos, ca. 895 in Enger geboren

Königin Mathilde - 1. Königin des ottonischen Reiches - die große Mutter Kaiser Ottos, ca. 895 in Enger geborenEinmalige Stadtgeschichte, die es erlebbar zu machen gilt!

Mathilde wurde 895 in Enger (7 km westlich von Herford) geboren. Sie gehörte zum Widukind-Clan und galt damit als Urururenkelin des Sachsenherzogs Widukind, der im 8. Jahrhundert seinen verzweifelten Kampf gegen Karl den Großen geführt und verloren hatte.

Im ottonischen Selbstverständnis war die Unterwerfung Widukinds eine Einigung unter Gleichen und die Ottonen sahen sich als Nachfolger Widukinds damit in carolingischer Königstradition. Mathildes Leben galt bereits zur ottonischer Zeit als modellhaft für weibliches Leben und ottonisches Königinnentum. Dazu trugen zwei Handschriften bei, die bereits wenige Jahre nach ihrem Tod Ihre Vita verbreiteten: Die Vita Mathildis reginae antiquior, Otto II. gewidmet, wurde 974, die Vita Mathildis reginae posterior, Heinrich II. zugeeignet, 1002/03 geschrieben. Autoren sind nicht bekannt, beide Handschriften wurden in einem Kloster in Nordhausen in Sachsen am Harzrand verfasst.

Ihre Erziehung genoss Mathilde im Herforder Damenstift, das von Ihrer Großmutter Mathilde als Abtissin geleitet wurde. Stiftsdamen in den traditionellen sächsischen Konventen waren in den meisten Fällen keine Nonnen, sondern traten als ledige Jungfern ein und konnten das Stift ohne Verlust Ihrer Mitgift zwecks Heirat auch wieder verlassen. Die Damen im Stift lernten Lesen und Schreiben und alles Wissenswerte, was für die Herrin des Hauses auf den Adelsburgen und -gütern in Sachsen gebraucht wurde. Die Stifte waren wegen der weiterhin verbürgten Zugriffsrechte auf das Eigentum der Kanonissinen für den Adel sehr attraktiv.

Mathilde baute als Königin die Einrichtung der Stifte als Ausbildungsstätte für den weiblichen Adel weiter aus. Bedeutend waren die großen ottonischen Hausklöster Gandersheim und Quedlinburg. Aber auch der Adel folgte dieser Tradition. So stiftete der berühmte ottonische Markgraf Gero nach dem Tod seines Erben Siegfried das Stift Gernrode und setzte seine Schwiegertochter Hathui als Erbin ein.

Als Heinrich nach dem Tod seiner beiden älteren Brüder Erbe des sächsischen Herzogtums wurde, hielt er im Jahre 909 um die Hand der vierzehnjährigen Mathilde, einer ihm ebenbürtigen Adelsdame, an. Allerdings war er zu diesem Zeitpunkt bereits mit Hathaburg von Merseburg verheiratet und hatte mit dieser einen Sohn gezeugt. Er ließ diese Ehe annullieren, steckte Hathaburg ins Kloster zurück, aus der er sie einst zwecks der Heirat geholt hatte, behielt aber ihren Besitz in und um Merseburg, und heiratete die jüngere, schönere, gebildetere Mathilde, die noch dazu von höherer Geburt war und ihm als Herzogin standesgemäßer dünkte.

Neben der Südausdehnung mit den Merseburger Besitzungen hatte der dreißigjährige Heinrich mit der erneuten Verheiratung eine Verbindung der alten Herzogsteile Ostfalen und Westfalen erreicht. Ob es eine Heirat aus Liebe war, wie die Quellen andeuten, vermag niemand nach so langer Zeit zu sagen, aber anscheinend verlief die gesamte Ehe danach sehr harmonisch und Heinrich stattete Mathilde frühzeitig mit einem reichen Dos (Brautgabe der Königin seit merowingischer Zeit) aus, diese bestand aus Quedlinburg, mehreren anderen Gütern und reichen Erzminen im Harz.

Heinrich wurde 919 erster König des fränkisch-sächsischen Reiches, nachdem er als mächtiger sächsischer Herzog seinem Vorgänger Konrad I. das Leben einigermaßen schwer gemacht hat. Mathilde nahm regen Anteil an der Regierungspolitik ihres Mannes. Das lässt sich anhand Ihres Auftauchens in Urkunden, ihrer Intervention für Fürbitter deutlich ablesen. Dies ist nicht allein bei ihr so, sondern für alle ottonisch-salischen Königinnen typisch. Die Herrschaftsausübung des mittelalterlichen Königs machte eine Reisetätigkeit dringend notwendig. Das führte in der Folgezeit sogar zu getrennten Reisewegen von König und Königin, die beide mit ihrem jeweiligen Hofstaat und der jeweiligen Hofkapelle das Heilige Königtum repräsentierten.

Für Mathilde ist die Quellenlage schwierig: Belegt ist ihr Aufenthalt auf Heinrichs Reise am Ober- und Mittelrhein. Auf den grausamen Kriegszügen in den Slawengebieten hat sie Heinrich sicher nicht begleitet.

Mathilde und Heinrich, wahrscheinlich ein harmonisches Paar, das Reich gemeinsam regierend.

Das Königspaar Heinrich und Mathilde hatte 5 Kinder: Otto, Gerberga, Hadwig, Heinrich, und Brun. Otto wurde bekanntlich König des fränkisch-sächsischen Reiches und Kaiser des römischen Reiches. Gerberga heiratete den Herzog von Lothringen. Nachdem der Herzog in den Kämpfen gegen ihren Bruder Otto umkam, wurde sie Königin von Frankreich. Hadwig heirate den Herzog von Franzien. Heinrich kämpfte mit seinem Bruder um die Krone und wurde danach durch einen Gnadenakt Ottos Herzog von Bayern. Der jüngste Sohn Brun war für eine geistliche Karriere bestimmt worden und brachte es zum wichtigen Erzbischofsamt von Köln.

Heinrich I. starb 936. Das Reich war gefestigt, die Nachfolge von Heinrich frühzeitig mit den weltlichen und geistlichen Führern des Landes festgelegt worden. Heinrichs Sohn Otto sollte König werden, sein ältester Sohn Thankmar aus der Verbindung mit Hathaburg fand keine Berücksichtigung (er fiel später in einem Aufstand gegen Otto). Ottos Frau Edgith nahm nun alle Pflichten auf sich, die Mathilde bislang inne gehabt hatte. Mathilde verbrachte ihren Lebensabend in Quedlinburg mit der Erziehung der Stiftsdamen und dem Totengedächtnis für Heinrich I. Zudem kehrte der Hof in regelmäßigen Abständen in der Pfalz zu Quedlinburg ein.

Mathildes Einmischung in die Konflikte um die ottonische Krone nach 936 zugunsten des jüngeren Sohnes Heinrich gegen den älteren Otto sind zwar in der Vita Mathildis reginae posterior bezeugt, diese diente aber tendenziös der Kronlegitimation von Heinrich II., alle vorherigen Chronisten erwähnen darüber nichts. Otto, der gegen alle anderen Aufrührer unbarmherzig vorging, wurde von seiner Mutter Mathilde jedoch zur Mäßigung gegenüber seinen jüngeren Bruder angehalten. Eine herbeigeführte Versöhnung hielt bis Heinrichs Tod 955 an. Am 14. März 968 starb wahrscheinlich die „sancta mater“ der Ottonen.

Mathildes Nachfolgerin in Quedlinburg wurde Mathilde die Jüngere, Ottos Tochter, und Mathildes Enkelin. Mathilde die Jüngere spielte nach dem Tod Otto. II. und in den unruhigen Zeiten des Slawenaufstandes von 983 als Reichsverweserin eine wichtige Rolle, da sie von Quedlinburg aus das Reich lenkte und Abwehrmaßnahmen in Sachsen organisierte.