Stadt ohne Haushalt

16. Juni 2012 Pattsituation im Rat – erneute Beratung am 03. Juli
Von Ralf Meistes, Herforder Kreisblatt

Die Mitglieder des Rates konnten sich am Freitag nicht auf einen gemeinsamen Haushalt für das Jahr 2012 einigen. Durch das krankheitsbedingte Fehlen von Werner Seeger (CDU) entstand im Rat eine Pattsituation. Das Thema soll am 3. Juli noch einmal beraten werden.

Die Arithmetik des Abends war einfach: durch das Fehlen eines Mitgliedes waren 43 Ratsmitglieder und der Bürgermeister anwesend. Sowohl das Lager aus CDU, FDP, Bürger für Herford und Liste 2004 als auch das Bündnis aus SPD, Die Grünen, Die Linke und dem parteilosen Bernd Reitmeier brachten mit 22 Stimmen keine Mehrheit zustande. Die CDU erinnerte an die Praxis aus den Zeiten des ehemaligen SPD-Fraktionschefs Heinrich Tiekötter, wonach bei Krankheit eines Ratskollegen die andere Seite ebenfalls mit einer Person auf eine Abstimmung verzichtet hat. Dies hätte eine Mehrheit für das bürgerliche
Bündnis bedeutet. Darauf wollte sich Rot-Grün nicht einlassen.
Auch Bürgermeister Bruno Wollbrink wollte sich nicht in eine neutrale Ecke drängen lassen, sondern bekannte, er stehe den Vorschlägen von Rot-Grün näher als jenen von Schwarz-Gelb.

Vor allem die unterschiedlichen Positionen bei der geplanten Steuererhöhung und den Elternbeiträgen für den Offenen Ganztag verhinderten eine Einigung. »In vielen Punkten sind wir nicht so weit auseinander«, betonte SPD-Fraktionschef Horst Heining. Bei der geplanten Gewerbesteuererhöhung folgen SPD und Die Grünen dem Verwaltungsvorschlag, wonach eine Anhebu von 425 auf 440 Prozent geplant ist. Dies würden Mehreinnahmen von 1,65 Mio. Euro bedeuten.

Das bürgerliche Lager will die Gewerbesteuer auf 435 Prozent anheben, was etwa 550 000 Euro weniger in die Kassen spülen würde. CDU und FDP fürchten, dass andernfalls Betriebe ins Umland abwandern oder sich erst gar nicht in Herford ansiedeln. Rot-Grün verweist darauf, dass Herford erst mit der Erhöhung einen landesweiten Durchschnittswert erreicht habe. »Durch die höheren Steuereinnahmen können wir unsere gute Infrastruktur aufrecht erhalten, wovon auch wieder die Firmen profitieren«, sagte Heining (SPD). »Wir sollten unsere Sparbemühungen erhöhen und nicht mit immer dreister werdenden Steuererhöhungen reagieren«, entgegnete CDU-Fraktionschef Wolfgang Rußkamp. Knackpunkt 2 sind die unterschiedlichen Berechnungsarten
für die Kosten im Offenen Ganztag. CDU, FDP, Bürger für Herford und Liste 2004 wollen hier pauschal 50 Euro pro Kind im Monat fordern. Rot-Grün schlägt einen Verfahren wie bei den Kita-Beiträgen vor, also gestaffelt nach Einkommen. Ein pauschaler Elternbeitrag ist aus Sicht von Rot- Grün sozial ungerecht. Außerdem würden durch die von der CDU vorgeschlagenen 50 Euro immer noch große Lücken im Haushalt entstehen. »Sie sorgen für eine Finanzlücke von mehreren hunderttausend Euro«, so Heining.

Strittig waren auch die geplante Streichung der Gelder für das Jugendzentrum FlaFla sowie die Kürzungen bei den Stadtteilzentren und dem Haus unter den Linden (HudL). Bemerkenswert: Der Bürgermeister ließ auch über den Verwaltungsvorschlag abstimmen, und votierte als einziger dafür. Dieser beinhaltete die Streichung der Mittel für das FlaFla sowie der Mittel in Höhe von
40 000 Euro für das HudL und der Stadtteilzentren.

»Wir folgen den Vorschlägen des Bürgermeisters. Dass die sanften Sparbemühungen der Verwaltung durch Forderung der SPD konterkariert werden, ist für mich nur blanker Populismus«, so Rußkamp. SPD und Grüne wollen das FlaFla mit einem gekürzten Zuschuss erhalten. Bei den Senioreneinrichtungen sollen in 2013 nur 20 000 statt 40 000 Euro gespart werden. Ein Aufreger war auch die von Rot-Grün vorgesehene Schließung der City-Wache. Die Kehrtwende der SPD, die vor drei Jahren noch eine Aufstockung des Personals gefordert habe und nun den Laden dicht machen wolle, sei abenteuerlich, so Rußkamp. Bürgermeister Wollbrink betonte, es handele es sich um einen Prüfauftrag, dessen Inhalt er aber nicht befürworte. Gleichwohl standen die Kürzungen in voller Höhe ab 2014 in den Plänen von Rot-Grün. Der parteilose Bernd Reitmeier stimmte dem Rot-Grünen Vorschlag zu, »weil Stadtteilzentren und Jugendeinrichtungen dadurch erhalten bleiben«. Er beklagte den Einfluss der städtischen Holding HVV. Während hier über den Ausbau des H2O und den Bau des MARTa-Depots beschlossen worden sei, werde im städtischen Haushalt über die Kürzungen in der Jugend- und Seniorenarbeit gesprochen. Die Bürger für Herford stießen sich an der Forderung, die City-Wache zu schließen. »Trotz des Sparzwanges gilt es, die Sicherheit zu erhalten«, sagte Heiko Krüger. Auch Heinz-Günther Scheffer (Liste 2004) warnte davor, die City-Wache zu schließen.