Höckerstraße 5 darf abgerissen werden

NRW-Ministerium stimmt zu: Das frühere Wittekind-Kino kann einem Geschäftsgebäude weichen
VON RALF BITTNER (Neue Westfälische)

Neue Nutzung auf ehemaligen Kinogelände? | FOTO: BITTNER (1), KIEL-STEINKAMP Herford. Nach monatelangem Warten ist die Entscheidung gefallen: Auf dem Grundstück des ehemaligen Wittekind-Kinos, Höckerstraße 5, darf gebaut werden. Das teilte gestern Stephan Heuschen vom Ministerium Bauen und Verkehr mit. Die Stadt Herford hatte die Entscheidung beantragt, um einem Investor den Bau eines Geschäftshauses anstelle des denkmalgeschützten Gebäudes zu ermöglichen.

Dem Abbruchbegehren sei stattgegeben worden, weil sich nach Einschätzung des Ministeriums das Gebäude weder mit vertretbarem wirtschaftlichen Aufwand sanieren, noch anschließend wirtschaftlich betreiben lasse, sagte Heuschen. Auch Möglichkeiten einer anderen zulässigen Nutzung seien für das Ministerium nicht erkennbar.

Wie berichtet, hatte ein Investor eine Bauvoranfrage für den Abriss des Gebäudes Höckerstraße 5 gestellt. Er will auf den Flächen Höckerstraße 3 und 5 ein Geschäftshaus mit Einzelhandelsflächen im Erd- und im ersten Obergeschoss errichten. Dabei soll die Fassade so gestaltet werden, dass sich das Stadtbild möglichst wenig verändert. Die Stadt unterstützte das Vorhaben, der Landschaftsverband Westfalen-Lippe lehnte es ab. Das Ministerium wäre die letzte Instanz gewesen, die den Abriss hätte verhindern können.

Erhaltenswert erschien den Denkmalschützern vor allem eine mutmaßlich barocke Treppe. Nach baugeschichtlichen Untersuchungen des Landesamtes für Denkmalpflege datiert das tragende Kerngerüst des Gebäudes wohl aus dem Jahre 1537. Die heutige Gestalt geht auf einen umfassenden Umbau 1763/64 zurück, den dieKaufmannsfamilie Sieveke vornehmen lassen hatte. 1872 gründete der Kaufmann Emmanuel Weinberg dort eine Bonbon-Kocherei als Ursprung für eine Schokoladenfabrik, in der bis 1912 produziert wurde. Weil es trotz Zukaufs benachbarter Grundstücke an der Höckerstraße zu eng war, bauten die Brüder Bernhard, Julius undHugoWeinberg an derWerrestraße eine neue Fabrik. August D. Salfeld eröffnete am 27. Februar 1913 dort die „Wittekind-Lichtspiele“ als drittes Kino in Herford neben dem bereits bestehenden „Lichtspielhaus“ und den „Victoria-Lichtspielen“.

1927 wurde das Gebäude umgebaut. Die Spiegeldecke im Durchgang von der Höckerstraße zum eigentlichen, bereits abgerissenen, Kinosaal dürfte aus dieser Zeit stammen. Da die Treppe über drei Etagen reiche, das ursprüngliche Gebäude aber nur über zwei Stockwerke verfügt habe, könne die Treppe nicht aus dem Barock stammen. Diese Einschätzung vertrat der inzwischen verstorbene damalige Besitzer Sixtus Woryna bei einem Ortstermin mit Bauausschuss-Mitgliedern im Frühjahr 2008. Zuletzt war die Projektentwickungsgesellschaft Niederelbe, die bereits Ladenlokale an der Bäckerstraße (Mayersche Buchhandlung) realisiert hat, als Investor im Gespräch.