Ein Bundespräsident tritt zurück!

Herford, 31. Mai 2010   Ratsmitglied Heinz-Günther Scheffer: „Das Amt des Bundespräsidenten hat ohne Not Schaden genommen!“

Das sprachliche „Geeiere“ der Politik offenbar aller Ebenen ist ja doch hinlänglich bekannt. Leider treffen wir es selbst bei der Beschreibung der gefahrvollen Auslandseinsätze unserer Bundeswehr an. So war es der aktuelle Bundesminister der Verteidigung Karl-Theodor zu Guttenberg (CSU), der den Mut hatte, deutlich zu sagen, dass sich unsere Soldaten bei einigen der Auslandseinsätze im Krieg befinden.

Bis März 1980 selbst Disziplinarvorgesetzter von 283 Soldaten, besuche ich u.a. alljährlich den vom früheren verteidigungspolitischen Sprecher Günther Nolting in Minden ins Leben gerufenen „Sicherheitspolitischen Kongress“.

Noch anlässlich des 14. „Sicherheitpolitischen Kongresses“ 2008 mochte sich der anwesende damalige Verteidigungsminister Fanz-Josef Jung (CDU) nicht dazu bekennen, dass der eine oder andere Auslandseinsatz für unsere Soldaten nichts anderes als Krieg bedeutet.

Damals ging es – neben den bereits laufenden Auslandsoperationen –  u.a. auch darum, dass sich unsere Bundesmarine mit drei Fregatten samt Beibooten an der geplanten EU-Mission zum Kampf gegen Piraten vor den Küsten Somalias und Kenias – also der Ostküste Afrikas – beteiligen sollte. Ein Einsatz, der inzwischen ebenfalls Wirklichkeit geworden ist.

Die Begründung Franz-Josef Jungs 2008 in Minden lautete wörtlich: Mehr als 80 Prozent unseres Handels gehen über See. Wenn die EU ein Mandat beschließt, sollten wir unseren Beitrag leisten.

Nicht anders habe ich die Ausführungen unseres heute mit Überraschungseffekt zurück getretenen Bundespräsidenten vom 22. Mai 2010 verstanden, die sich meines Erachtens nicht allein auf den Afghanistaneinsatz, sondern eben auf die gefährlichen Auslandseinsätze unserer Bundeswehr insgesamt bezogen.

Ungeachtet dessen, dass man Sinn und Zweck der sich auf die verfassungsrechtliche Zulässigkeit von Einsätzen nach Maßgabe des Artikels 24  Absatz 2 GG (also innerhalb von NATO- oder UN-Mandaten) stützenden Kriegseinsätze unserer Soldaten täglich hinterfragen darf und meines Erachtens auch muss, ist es natürlich überzogen – aber eben auch im politischen „Miteinander“ üblich – dass solche Ausführungen politisch ge- und bewertet, bzw. entsprechend pariert werden.

Natürlich ist die Horst Köhler in dem Zusammenhang lautstark unterstellte „Kanonenbootpolitik“ – besonders der Grünen, die derartigen Einsätzen mit dem Amtsantritt der rot-grünen Bundesregierung 1998 ebenfalls zugestimmt haben – überzogen.

Aber erleben wir es nicht bereits auch in Herford, dass der Bürgermeister und die Sprecher zum Beispiel anlässlich der alljährlichen Gedenkfeier zum Volkstrauertag am Herforder Ehrenmal, oder zum Empfang der Offiziere der in Herford stationierten Britischen Streitkräfte peinlichst auf ihre Wortwahl achten müssen. Haben wir es nicht bereits in dem Zusammenhang erlebt, dass versucht wurde, einzelne Worte auf die Waagschale zu legen und politisch zu wichten? Ja, wir haben.

Dass Horst Köhler die ihm entgegen gebrachte Kritik – noch dazu nach dem bereits erfolgten Echo seines Hauses in der letzten Woche – heute  zum Anlass für einen unangekündigten Rücktritt genommen hat, ist für mich eine Ohrfeige. So geht man mit dem dadurch nachhaltig beschädigten Amt des Bundespräsidenten nicht um. Wer das tut, weiß, welchen Schaden er anrichtet.

Heinz-Günther Scheffer