Wird – trotz aktuellem Bürgerentscheid – selbst ohne Stadtrat entschieden?

Herford, 31. Mai 2010  Anfrage Scheffers („Liste 2004“) zum Vorgehen der Verwaltung in Sachen ehem. „Kaufhof-Areal“

Sehr geehrter Herr Bürgermeister,
liebe Ratskolleginnen,
liebe Ratskollegen,

am letzten Donnerstag sind Wolfgang Rußkamp (CDU), Christa Jahnke-Horstmann, Hans-Jürgen Rühl (beide SPD), Angela Schmalhorst (Bündnis 90 / DIE GRÜNEN), Lothar Wienböker (FDP) und ich vom Bürgermeister, seinem Vertreter und Kämmerer Manfred Schürkamp sowie Wirtschaftsförderer Dieter Wulfmeyer über den „aktuellen Stand zur Entwicklung des Kaufhof-Projektes“ informiert worden.

So jedenfalls war es der Einladung Dieter Wulfmeyers vom 21. Mai 2010 an die Fraktionsvorsitzenden sowie auch die vier „fraktionslosen“ Ratsmitglieder zu entnehmen.

Wenn ich mir nach der Präsentation Dieter Wulfmeyers die Frage erlaubt habe, ob mein Eindruck richtig sei, dass die Verwaltung bereits eine Entscheidung bzgl. des ganz offensichtlich favorisierten, von dort als „Herforder Lösung“ bezeichneten Vorentwufs gefällt habe, so wurde meine Aussage von Ihnen, sehr geehrter Herr Bürgermeister, auffällig „scharf“ zurückgewiesen.

Im nächsten Augenblick erfolgte dann jedoch bereits – insofern durchaus auch für mich mit Überraschungseffekt – ausschließlich die inzwischen auch den Medien zu entnehmende Präsentation der „Herforder Lösung“ durch die Herren Dr. Böger (Firma Gundlach, Hannover) und Schlattmeier.

Sah ich mich am Donnerstag noch in guter Gesellschaft mit den anwesenden Fraktionen, sich – angesichts eben auch der großen  Bedeutung eines schlüssigen Konzeptes auf dem ehemaligen Kaufhof-Areal für die wichtige Innenstadtentwicklung Herfords – auch die übrigen Konzepte präsentieren und begründen zu lassen, so sind wir am Donnerstag mit der wechselseitigen Zusage auseinander gegangen, dass sich die Fraktionen – nach den Fraktionssitzungen am Montag – bezüglich des weiteren Vorgehens melden würden.

Ungeachtet dessen ist dann am Freitag auch gegenüber den örtlichen Medien  ja wohl ausschließlich die von Teilen der Verwaltungsspitze offenbar favorisierte „Herforder Lösung“ präsentiert und exponiert worden. Parallel dazu haben die übrigen Anbieter – zu deren Verwunderung – bereits am Freitag die Nachricht Herrn Wulfmeyers erhalten, dass man sich in Herford bezüglich der Entwicklung des ehemaligen „Kaufhof-Areals“ anderweitig entschieden habe. Sollte das Konzept, für welches man sich entschieden habe, nicht zum Tragen kommen, komme man auf die Angelegenheit zurück.

Eine Entscheidung der Fraktionen war damit bereits im Vorfeld obsolet.

Gleichwohl stellt sich mir die Frage, ob es klug ist, dass hier – ja, „aus einem Bauchgefühl heraus“ – von 2-3 Entscheidungsträgern eine Entscheidung für erste Vorentwürfe einer Art „Mini-Mall“ mit einem geplanten „Shop-in-Shop-System“ getroffen wird?

Grotesk ist in dem Zusammenhang, das wir – exakt parallel zu dieser gravierenden Entscheidung – wg. des vergleichsweise minderschweren Projektes „Fünf Tore fünf Orte“ in Herford gar den Bürgerentscheid proben, während ein solch bedeutsames Projekt für die überlebenswichtige Innenstadtentwicklung Herfords gänzlich ohne Ratsbeteiligung abgewogen und von 2-3 Personen entschieden wird.

Wie erklären wir das den Bürgerinnen und Bürgern Herfords? Besonders denen, die derzeit samstags auf dem Linnenbauerplatz „ihre Stimme für Herford“ (gegen die Pylonen?) abgeben.

Sollten wir – Rat und Verwaltung – uns nicht wenigstens der vergleichsweise geringen Mühe unterziehen, uns an einem halben oder ganzen Tag die Konzepte der übrigen 5 Projektentwickler präsentieren zu lassen und deren Argumente zu hören, die ebenfalls bereits z.T. auch mit wichtigen örtlichen Entscheidungsträgern abgeglichen worden sind? Dies zumindest mit den Fachfirmen, die nach dem jetzigen Vorgehen der Verwaltung noch dazu bereit sind.

Schließlich geht es auch darum, im Vorfeld einer Entscheidung wenigstens den verantwortlichen Versuch zu unternehmen, zumindest einigermaßen objektiv abwägen zu können, ob die alternativen Konzepte – schon allein in den präsentierten Zahlen sowie vor dem Hintergrund der wichtigsten Parameter und Zwänge – für unsere Innenstadtentwicklung realistisch erscheinen.

Mindestens die nächste Frage – nämlich die nach einem „Nachlass“ bzgl. des Kaufpreises in Höhe von über €  3 Millionen – dürfte bei dem aktuell vorgestellten Vorentwurf vorprogrammiert sein. Weitere Fragen werden folgen.

Wenn ich mich in den letzten 5 Jahren – im Sinne eines Beitrags zur Beseitigung des jahrelangen „Kaufhof-Leerstandes“ – im Detail mit der Materie befasst habe, so kenne ich keine Stadt, in welcher eine solche Entscheidung ohne den freilich verantwortlichen Stadtrat sowie – spätestens vor dem nächsten Schritt – die interessierten Bürgerinnen und Bürger getroffen worden wäre.

Was spricht denn überhaupt dagegen, sich – wenn es dann schon 6 Konzepte gibt – diese präsentieren zu lassen und die Argumente der kompetenten Projektentwickler zu hören und sodann verantwortlich abzuwägen?

Nichts!

Gern höre ich Ihre Antwort. Recht vielen Dank!

Mit freundlichem Gruß
HG Scheffer