EU beschließt Bürgerbegehren

Brüssel, 14. Dez. 2010  Ein Quäntchen Mitbestimmung

Es ist ein Mini-Schritt hin zu mehr Demokratie in Brüssel: Die EU-Außenminister haben sich auf die Regeln für ein europäisches Bürgerbegehren geeinigt. Allerdings: Die Hürden sind hoch, und verbindlich ist der Bürgerwillen auch nicht.

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Mehr Demokratie für die europäischen Institutionen? Das Bürgerbegehren ist zumindest ein erster Schritt© Georges Gobet/AFP

Ein Jahr nach Inkrafttreten des Lissabon-Vertrags ist der Weg zur direkten Einmischung der Europäer in Brüsseler Entscheidungen frei: Die EU-Außenminister segneten am Dienstag die Regeln für ein europäisches Bürgerbegehren ab, für das die EU-Vertragsreform die Möglichkeit geschaffen hatte. Bundesaußenminister Guido Westerwelle lobte das neue Instrument als „fabelhafte Gelegenheit, dass auch Bürgerinnen und Bürger in Europa Politik machen können“.

Am Mittwoch muss das Parlament den Regeln noch zustimmen, was aber nach der Einigung mit EU-Kommission und Mitgliedsstaaten als Formsache gilt. Voraussichtlich ab 2012 an können die ersten Bürgerbegehren dann starten, um Brüssel zu neuen Gesetzen zu drängen. Allerdings gibt es hohe Hürden: Die Unterschriften müssen aus einem Viertel der Mitgliedsländer kommen – derzeit also eine Million Stimmen aus sieben Ländern. Zulässig sind die Volksinitiativen auch nur dann, wenn die EU-Kommission in der aufgebrachten Frage auch entscheidungsbefugt ist.

Nationale Entscheidungen bleiben unberührt

Deutsche Konflikte, etwa die Castor-Transporte oder Stuttgart 21, können mit dem Bürgerbegehren nicht beeinflusst werden. Auch in das brisante Thema einer EU-Steuer kann sich die Bevölkerung nicht einmischen, weil die Zuständigkeit dazu nicht alleine bei der EU-Kommission liegt. Greenpeace war in der vergangenen Woche bereits vorgeprescht und hatte mehr als eine Millionen Unterschriften gegen den Anbau von genmanipuliertem Saatgut an die Kommission übergeben.

Sind alle Anforderungen erfüllt, müssen sich die Kommission und das Europäische Parlament in Anhörungen mit dem Anliegen befassen, konkrete Gesetzesvorschläge könnten daraus resultieren. Anders als bei einer Volksbefragung ist Brüssel aber nicht verpflichtet, dem Begehren zu folgen, muss eine Ablehnung aber öffentlich begründen.

Näher am Volk.

Über die Regeln für das Instrument war monatelang gestritten worden, insbesondere über die Frage, was eine „erhebliche Anzahl an Mitgliedsstaaten“ bedeutet, aus denen die Unterschriften kommen müssen. So lautet die Formulierung im Lissabon-Vertrag. Die Einigung auf die Zahl von sieben entspricht schließlich einem knappen Viertel aller EU-Länder.

„Die Hürden sind vernünftig genug, um Missbräuche ausschließen zu können“, sagte Westerwelle in Brüssel. Zugleich werde das Bürgerbegehren „das manchmal ferne Europa sehr viel näher ans Volk bringen“. Er sprach von einer Einladung an die Bürger, „nicht nur zu kritisieren, sondern auch mitzugestalten“.