Neuwahlen noch vor der Sommerpause?

WDR, 07. März 2011  Landtag streitet weiter um Nachtragshaushalt

Hat schon der Wahlkampf begonnen? Die NRW-Parteien geben sich nach der Drohung der SPD mit Neuwahlen betont gelassen. Rot-Grün setzt auf gute Umfragewerte. Die Union hofft dagegen, dass die Regierung für ihre Schuldenpolitik abgestraft wird.

Norbert Römer; Rechte: dpaBild vergrößern

Drohkulisse aufgebaut: Norbert Römer

„Wenn die CDU weiter die verfassungsrechtliche Auseinandersetzung sucht, werden wir die Wähler befragen“: Die Drohung des SPD-Fraktionschefs Norbert Römer, ausgesprochen in der „Westdeutschen Zeitung“ (Ausgabe vom 05.03.06) war eindeutig. Sollte die CDU auch gegen den Landeshaushalt 2011 vor den Verfassungsgerichtshof ziehen, werde es Neuwahlen geben – und zwar vor einer Entscheidung der Verfassungsrichter. Dass die SPD dabei als Sieger hervorgehen würde, war für Römer klar: Rot-Grün stehe für Investitionen in die Bildung, schaffe Kindergarten- und Studiengebühren ab. „Damit stellen wir uns gerne den Wählern.“

„Den besseren Zukunftsentwurf haben wir allemal“, befand auch die stellvertretende Ministerpräsidentin Sylvia Löhrmann (Bündnis 90/Die Grünen). Sie begrüßte deswegen Römers Ankündigung: „SPD und Grüne tun gut daran, mit der Frage offensiv umzugehen und sich nicht vom Lavieren der CDU abhängig zu machen.“ Zurückhaltender äußerte sich Grünen-Landeschef Sven Lehmann: „Ich glaube nicht, dass Neuwahlen etwas an der Situation des NRW-Haushaltes ändern können.“

Kraft: Die Bürger müssen über den Kurs entscheiden

Unterstützung bekam Römer auch von Ministerpräsidentin Hannelore Kraft (SPD): „Klar ist, dass wir über den künftigen Weg für Nordrhein-Westfalen politisch diskutieren müssen“, sagte Kraft ihrem Sprecher zufolge bei ihrem Israel-Besuch. Diese Diskussion dürfte nicht ständig vor das Verfassungsgericht gezerrt werden. „Die Bürger müssen irgendwann über den Kurs, den Nordrhein-Westfalen nehmen soll, entscheiden“, so Kraft.

Die CDU nimmt den Fehdehandschuh auf

Der NRW-Verkehrsminister Oliver Wittke im Düsseldorfer Landtag am Mittwoch, 11.Februar 2009. Rechte: APBild vergrößern

Kämpferisch: Oliver Wittke

CDU-Generalsekretär Oliver Wittke dagegen interpretierte die Androhung als „Eingeständnis des Scheiterns einer maßlosen Schuldenpolitik“ und konterte: „Wenn die SPD Neuwahlen will, bekommt sie sie.“ Aber er hielt daran fest, dass der Haushalt verfassungswidrig sei, und „man kann Rechtsbruch nicht durch Neuwahlen heilen“. Nur durch konsequentes Sparen werde der Haushalt verfassungskonform. „Dazu ist Rot-Grün aber weder willens, noch in der Lage.“

CDU-Fraktionschef Karl-Josef Laumann sagte, etwas Besseres als ein Wahlkampf zum Landeshaushalt könne der CDU nicht passieren. Und sein Vize Armin Laschet ergänzte, es sei ein „politisch einzigartiger Vorgang“, dass die  SPD die Anrufung des Verfassungsgerichts als Auslöser für Neuwahlen betrachte. Mit einem erneuten Urnengang rechne er noch vor der Sommerpause.

Linke kritisieren Debatte über Neuwahlen

Mit Unverständnis reagierte Linken-Fraktionschef Wolfgang Zimmermann am Montag (07.03.11) auf die frisch entflammte Debatte. „Neuwahlen sind gar kein Ausweg im Rechtsstreit um einen verfassungsgemäßen Landeshaushalt“, kritisierte er die Auseinandersetzung zwischen Regierung und Union. Zu rechtfertigen seien Neuwahlen nur, wenn der Landtag im Mai den Haushalt ablehnen sollte.

Die erste Entscheidung fällt am 15. März

Die Opposition hatte gegen den Nachtragshaushalt der rot-grünen Minderheitsregierung von Nordrhein-Westfalen geklagt. Ihr Vorwurf: Mit der durch den Nachtragshaushalt anvisierten Neuverschuldung von 8,4 Milliarden Euro verstoße die Landesregierung gegen die verfassungsrechtlich verbindliche Kreditobergrenze. Nach der mündlichen Verhandlung werden ihr gute Chancen eingeräumt, dass die Richter am 15.März in ihrem Sinne entscheiden. Diesen Termin will die SPD noch abwarten, nicht aber eine richterliche Entscheidung in Sachen Haushalt 2011, die die CDU anstrebt. Auch bei ihm liegt die geplante Neuverschuldung deutlich über der Summe der Investitionen, weswegen er nicht den Vorgaben der Verfassung entspricht. Die Landesregierung beruft sich aber trotz Wirtschaftsaufschwungs auf eine „Störung des gesamtwirtschaftlichen Gleichgewichts“.

Für Neuwahlen muss der Landtag aufgelöst werden

In NRW wird bereits seit Monaten immer wieder über Neuwahlen spekuliert. Voraussetzung ist die Auflösung des Landtags. Das kann nur mit absoluter Mehrheit beschlossen werden, die bei 91 Stimmen liegt. SPD und Grüne verfügen nur über 90 Mandate. Um Neuwahlen zu verhindern, müsste die Opposition (CDU, FDP, Linke) geschlossen gegen die Auflösung stimmen. Wird der Antrag hingegen angenommen, muss der neue Wahltermin binnen 60 Tagen stattfinden.