Schlagabtausch in Sachen „Schwarzbuch“

Die Friedhofsbrücke am Pranger des Steuerzahlerbundes: „Stadt lenkt von ihrem Fehlverhalten ab.“
VON GERALD DUNKEL

Breit genug, aber „zu breit“? | FOTO: GERALD DUNKEL

Breit genug, aber "zu breit"? | FOTO: GERALD DUNKEL Herford. Mit zwei Bauwerken ist die Stadt Herford erneut in die Kritik des Bundes der Steuerzahler gelangt. Die Stadt hält den Pranger im jährlich erscheinenden Schwarzbuch für unseriös (wir berichteten in unserer gestrigen Ausgabe). Daraufhin reagierte wiederum der Steuerzahlerbund. Während die eine Seite von „Verschwendung“ spricht, argumentiert die andere mit „behindertengerechtem Bauen“.
Im Fokus steht neben dem Wallsteg die Friedhofsbrücke, die im Sommer eingeweiht wurde. Sie hat eine nutzbare Breite von drei Metern und eine Länge von 77,55 Metern. Gekostet hat sie etwa 900.000 Euro. „Überdimensioniert“, sagt der Bund der Steuerzahler, „barrierefrei“, sagt die Stadt. In der Vorbereitung für die diesjährige Ausgabe des Schwarzbuches, in dem der Steuerzahlerbund nach eigenen Angaben Fälle „öffentlicher Steuerverschwendung“ erfasst, hat es im Vorfeld Schriftverkehr zwischen dem Bielefelder Büro des Bundes und der Stadt Herford gegeben.

Die Brücke wurde als gemeinsamer Geh- und Radweg geplant

„Warum wurde nicht eine kleinere Variante gewählt?“, fragte der Bund der Steuerzahler (BdSt) im Mai. Die Stadt antwortete: „Eine Unterschreitung der in den Regelwerken vorgesehenen Mindestbreite von 2,50 Meter war nicht möglich, da die Maßnahme sonst nicht mehr den Ansprüchen für eine Förderung nach dem Gemeindefinanzierungsgesetz durch das Land NRW genügt hätte.“

„Genau diese Antwort ist für uns der Grund für den Eintrag ins Schwarzbuch gewesen“, sagt Doris Meierjohann, Leiterin des Bielefelder Büros des Vereins und ergänzt: „Man hätte die Brücke schmaler und damit auch günstiger bauen können, aber dann hätte man sie allein finanzieren müssen, ohne Unterstützung vom Land. Doch auch Landesmittel sind Steuergelder.“

Doch bei dieser Argumentation sieht der Steuerzahlerbund die Brücke offenbar als reinen Gehweg, denn auf die Frage im selben Schreiben des BdSt, welche Maße das Bauwerke habe, erklärte die Stadt, dass in der Planung zwar die in den Regelwerken vorgegebene Mindestbreite von 2,50 Meter verfolgt wurde, allerdings müsse man noch eine „Lenkerfreiheit“ für Fahrräder von 25 Zentimetern hinzurechnen. Hinzu komme, dass die Regelbreite gemeinsamer Geh- und Radwege (als solcher wurde die Brücke geplant) drei bis vier Meter betrage.

Die Stadt ging in der Planung aber noch weiter, ohne dies in dem Schreiben vom 20. Mai an den BdSt näher zu erläutern. „Wenn wir etwas Neues bauen, dann machen wir das behindertengerecht“, stellt Petra Stender, Leiterin des Büro des Bürgermeisters, klar. Die Brücke habe deswegen eine Nutzbreite von drei Metern bekommen, damit sich Rollstuhlfahrer und Radfahrer begegnen können, ohne sich dabei zu gefährden.

„Die Stadt Herford will von ihrem Fehlverhalten ablenken“

Für Herford sei es eine Selbstverständlichkeit, bei der Planung von Bauvorhaben deren Nutzung von Menschen mit Behinderung zu berücksichtigen, so Petra Stender.

Doris Meierjohann meint: „Die Stadt will von ihrem Fehlverhalten ablenken, indem sie dem Bund der Steuerzahler unterstellt, die Chancengleichheit für Menschen mit Behinderung für überflüssig zu halten. Diese Unterstellung ist unredlich und absurd. Dies erkennt man unter anderem daran, dass wir uns für den Bau von Aufzügen im Bahnhof Bad Oeynhausen stark gemacht haben.“

Die Stadt Herford warf dem Steuerzahlerbund nach Erscheinen des aktuellen Schwarzbuches vor, noch nicht im Zeitalter der Barrierefreiheit angekommen zu sein.