zur Planung eines Behinderten-Wohnheims am Frieda-Nadig-Weg

Herford, 19. Febr. 2010  Die öffentliche Debatte geht an der Realität vorbei!

Es liegt mir fern, als Ratsmitglied Presse zu kritisieren. Ich denke, im „Zusammenspiel“ Rat/Verwaltung/Presse sind die Rollen – zumindest auch in Herford – eher anders verteilt?

Diesen möglicherweise unbegründeten Eindruck habe ich gelegentlich besonders dann, wenn die/der jeweilige Journalist/-in selbst z.B. einen politischen „Background“ hat.

Aktuell fiel mir besonders der Bericht zum Behinderten-Wohnheim am Frieda-Nadig-Weg auf. Neben dem Bericht fand sich ein mit „Fehlentscheidung“ überschriebener „Zwischenruf“.

Darin waren dann Begrifflichkeiten, wie „Kampfeslust“ etc. zu lesen. Der Bau- und Umweltausschuss – so heißt es ferner – habe das Bauvorhaben mal eben „gekippt“ etc.

Als Mitglied des Bau- und Umweltausschusses der beiden letzten Ratsperioden  fiel mir sogleich der Brief Fred Tappes vom 19. September 2009 an den Bürgermeister ein, welchen seinerzeit – soweit mir bekannt – alle Mitglieder des Bau- und Umweltausschusses erhalten haben.

Deutlich weist Fred Tappe darin darauf hin, dass er zum einen Mitglied der Lebenshilfe sei, der er seinen damaligen Einwand gegenüber dem Bürgermeister als Chef von Rat und Verwaltung ebenfalls habe zukommen lassen. Zum anderen ist Fred Tappe aber auch Vater einer Tochter, die in einem Wohnheim der Lebenshilfe lebt.

Als Ratsmitglied und Mitglied des Bau- und Umweltausschusses habe ich den fundierten Einwand eines sowohl als auch betroffenen Vaters und Mitglieds der Lebenshilfe sehr ernst genommen, zumal der Inhalt für mich absolut nachvollziehbar klang und klingt.

In dem Zusammenhang muss es meines Erachtens auch erlaubt sein, die übrigen Argumente Herrn Tappes, die dieser dem Bürgermeister auch im persönlichen Gespräch vorgetragen hat, sachlich zu reflektieren.

Hat man hier nicht vielleicht wirklich den 2. Schritt vor dem 1. Schritt getan?

Wie würden wir die Dinge – ebenso sachlich objektiv – beurteilen, wenn es sich hier um die Bauherrenschaft X oder Y handeln würde, von einem privaten Bauherrn einmal ganz abgesehen?

So könnte man auch – u.a. die Argumentation Herrn Tappes aufgreifend – zu dem Ergebnis gelangen, dass der Bau- und Umweltausschuss am Donnerstag letzter Woche eine Entscheidung gerade im Sinne der künftigen Nutzer des Ersatz-Bauvorhabens getroffen hat.

Meine Wahrnehmung als Teilnehmer an der Sitzung war jedenfalls nicht einmal im Ansatz die, dass es darum gegangen sein könnte, eine Entscheidung gar gegen die Behinderten zu treffen – im Gegenteil.

Der Ausschuss hat die Argumente vielmehr – eben ohne dabei etwa auf die Uhr zu schauen – sehr sehr sorgfältig und ausschließlich sachlich abgewogen.

Gewundert hat mich allerdings, dass weder ein Vertreter des Trägers noch der Architekt Reinhold Nickles als Planer und Sieger des zuvor durchgeführten Architektenwettbewerbs zu der Sitzung erschienen waren, obwohl die Tagesordnung die Entscheidung ja doch auswies.

Gleiches gilt zum Beispiel für Frau Nickles – in dem Fall als Behindertenbeauftragte der Stadt Herford – oder eben eine Vertetung des Dezernates.

Trotz Einladung und bekannter Tagesordnung waren nicht einmal die entsendeten Vertreter des gewählten Behindertenbeirates – obwohl beratende Mitglieder im Bau- und Umweltausschuss – vertreten.

Vor diesem Hintergrund ausgerechnet den anwesenden, sich redlich bemühenden Mitgliedern des Bau- und Umweltausschusses öffentlich Schelte zu erteilen, finde ich – das in aller gebotenen Zurückhaltung festzustellen, sei mir bitte gestattet – nicht gerade glücklich.

Gleiches gilt für die darauf fußenden Leserbriefe.

Heinz-Günther Scheffer