Strafbefehl nach gut einem Jahr!

Herford, 19. März 2009 Scheffer hat Einspruch eingelegt

BildIn dieser Woche – also über ein Jahr nach der Sitzung des Bau- und Umweltausschusses am 13. März 2008 – erhielt nun Ratsmitglied Heinz-Günther Scheffer einen Strafbefehl bzgl. seiner Ausführungen in eben dieser Sitzung.

Nachdem die Staatsanwaltschaft  Bielefeld den Strafantrag des amtierenden Bürgermeisters der Stadt  Herford Bruno, Wollbrink (SPD), zunächst abgewiesen und keine Ermittlungen entfaltet hatte, hatte sie auf Antrag des von Wollbrink mandatierten Bielefelder Strafrechtlers Dr. Detlev Binder schließlich doch Ermittlungen aufgenommen.

Scheffer hat gegen den Strafbefehl sogleich schriftlich Einspruch eingelegt.

Am 13. März 2008  war es  im Bau- und Umweltausschuss – entsprechend der Vorlage zum TOP „Vergabepraxis der Stadt Herford“  zu einer politischen Debatte zu aktuellen Vergaben durch die Stadtverwaltung Herford gekommen.

Der Tagesordnungspunkt ging zurück ausgerechnet auf Ausführungen des Vorsitzenden des Bau- und Umweltausschusses Karl-Heinz Hirschfelder (SPD) folgenden Inhaltes:

„Sowohl die eigenartige Vergabe des Wallumbaus als auch die bisherigen Vergaben an Architekten im Bereich des städtischen Hochbaus stellen Verfahrens-Beobachtern einige Fragen.

So haben wir uns sehr gewundert, dass z. B. Herr Nickles noch vor geraumer Zeit an dem Planentwurf zum „B-Pan Bergertor“ überhaupt nichts Positives erkennen konnte und sich später am sog. „Runden Tisch“ nicht einmal zu Wort meldete.

Wenig später habe ich erfahren, dass er den Auftrag zum Umbau des Jugendzentrums (ca 800 Tsd. Euro) erhalten haben soll.

Eine erste Projektvorstellung erfolgte durch ihn im Jugendhilfeausschuss.

Wir sollten einmal überlegen, ob eine gerechtere sowie transparentere Lösung zur Vergabe und möglichst viel Wettbewerb zu erreichen sind.

Bei den Notaren ist vor vielen Jahren auf Antrag der GRÜNEN die Abarbeitung einer Liste beschlossen worden – hier könnte wieder einmal nachgefragt werden, ob das noch immer funktioniert.“

Zu den Einlassungen Hirschfelders hatte die Presse am 19. Februar 2008 entsprechend berichtet.

Der Sprecher von Bündnis 90 / DIE GRÜNEN, Herbert Even, hatte Hirschfelder darauf – ebenfalls öffentlich – angegriffen und zur Tagesordnung der nächst folgenden Sitzung des Bau- und Umweltausschusses den Antrag auf Befassung mit diesem öffentlich losgetretenen Thema gefordert.

Im Vorfeld der Sitzung hatte dann bereits am 07. März 2008 im Technischen Rathaus – unter der Leitung des Baudezernenten Dr. Peter Maria Böhm sowie in Gegenwart des Abteilungsleiters Dipl.-Ing. Uwe Werner – eine offizielle Vorbesprechung der Sitzung des Bau- und Umweltausschusses mit Vertretern aller fünf Ratsparteien stattgefunden, in welcher die veröffentlichten Anwürfe des Vorsitzenden des Bau- und Umweltausschuss thematisiert wurden.

Das Thema war natürlich längst gegenständlich sowohl im Dialog zwischen Rat und Verwaltung als auch Gegenstand der öffentlichen Diskussion.

Scheffer hatte daher auch in der Vorbesprechung geäußert, dass er es sich – je nach Verlauf der politischen Debatte – vorbehalte, ggf. auch im öffentlichen Teil der Sitzung des Bau- und Umweltausschusses  Stellung zu beziehen.

In der Sitzung des Bau- und Umweltausschusses am 13. März 2008, in deren öffentlichem Teil von Ratsmitglied Udo Freyberg (SPD) beispielsweise gar ein „Lostrommelverfahren“ der Verwaltung bezüglich der städtischen Vergaben von Architekturaufträgen gemutmaßt wurde, hatte Scheffer sodann bezüglich eines Gespräches zwischen dem ehemaligen Bürgermeister Thomas Gabriel (CDU) und ihm berichtet.

Dabei ging es um die von Gabriel gegenüber Scheffer geschilderte Vergabepraxis zu den städtischen Bauvorhaben „Wallumbau“ und „Elsbachhaus„.

Zu seinen Schilderungen steht Scheffer bis heute ohne jegliche Abstriche. Er werde sie in der sich anbahnenden Hauptverhandlung selbstverständlich wort- und inhaltsgetreu wiederholen, sagt er.

Dazu betont er: „Es kann natürlich nicht sein, dass in der politischen Auseinandersetzung keine Kritik mehr geäußert werden darf. Denn, wo sonst sollte das „ungestraft“ möglich sein? Gerade deshalb sind Äußerungen im Rahmen öffentlicher und politischer Meinungsbildung in aller Regel eben nicht justiziabel, was Ausdruck des Grundrechts der Meinungsfreiheit ist.

Es muss dann auch möglich sein, zum Beispiel einen ehemaligen Bürgermeister korrekt zitieren zu dürfen. Ich habe Herrn Gabriel seinerzeit sogleich schriftlich gebeten, zu seinen damaligen Aussagen zu stehen. Auch dieses Schreiben lag und liegt dem Rechtsanwalt des Bürgermeisters sowie der Staatsanwaltschaft vor.

Und ansonsten habe ich mir nur erlaubt, in der Sitzung das sich sicher nicht nur mir erschließende öffentliche Stimmungsbild aufzuzeigen.“

Obwohl in der Sitzung selbst  nicht zugegen, ohne etwa das Protokoll abgewartet zu haben, oder zum Beispiel auf Scheffers ausdrückliches Gesprächsangebot einzugehen, hatte Wollbrink sodann per „Rundmail“ erklärt, dass er die Ausführungen der an der Debatte beteiligten Ratsmitglieder auf  deren eventuelle strafrechtliche Relevanz prüfen lassen werde.

Der Presse war sodann zu entnehmen, dass der Bürgermeister gleich zwei auswärtige Juristen mit der Prüfung der Angelegenheit befasst habe. Schließlich berichtete der Pressesprecher des Bürgermeisters, dass Wollbrink gar ein Rechtsgutachten in Auftrag gegeben habe.

Ein von Scheffer wiederholt angebotenes Gespräch wurde von Wollbrink hingegen nicht in Anspruch genommen.

Um so erstaunter war Scheffer über den weiteren Verlauf der Dinge.

Nun wurden von der Verwaltung in den der Sitzung des Bau- und Umweltausschusses am 13. März 2008 folgenden Wochen

  • ein Vorläufer eines Protokoll-Entwurfes,
    (der in den Fraktionen diskutiert wurde)
  • ein Protokoll-Entwurf,
  • schließlich ein Protokoll
  • sowie anschließende Gedächtnisprotokolle

in Umlauf gebracht.

„Meine Ausführungen sind in den Protokollen – leider – zum Teil variiert und/oder „angereichert“ worden“, sagt Scheffer, der darauf stets sowohl mündlich als auch schriftlich offiziell hingewiesen hat.

Erfreulicherweise gibt es Bürgerinnen und Bürger in Herford, die in der in Rede ste
henden Sitzung zugegen waren, und meine tatsächlichen Aussagen bestätigen werden.“

Sowohl in der Sitzung des Rates am 18. April als auch in der Sondersitzung des Bau- und Umweltausschusses am 24. April 2008, hat Scheffer daher erneut bekräftigt, dass er selbstverständlich zu seinen Gabriel zitierenden Aussagen in Sachen „Wallumbau“ und „Elsbachhaus“ stehe. Hingegen stehe er – ebenso selbstverständlich – nicht zu den Ausführungen, die man ihm nachträglich in den Mund zu legen versuche.

In der vorstehenden Sitzung des Rates hatte sich die SPD-Fraktionsvorsitzende Christa Jahnke-Horstmann für die Ausführungen ihres anwesenden Fraktionskollegen Udo Freyberg in der Sitzung des Bau- und Umweltausschusses am 13. März 2008 ausdrücklich entschuldigt.

Freyberg, der sich in der Ratssitzung, obwohl anwesend, selbst nicht äußerte, will dem Bürgermeister – auf dessen Drängen hin – seinerzeit ein seine Einlassungen halbwegs erklärendes Schreiben zugestellt haben. Auf vom Bürgermeister anschließend erbetene Ergänzungen/Änderungen habe er allerdings verzichtet.

Und Wollbrink verzichtete auf Strafanträge bezüglich der öffentlichen Vorhalte seiner SPD-Fraktionskollegen Hirschfelder und Freyberg.

Gleichwohl war der örtlichen Presse am 29. Mai 2008 – wodurch auch immer motiviert – eine Veröffentlichung unter dem Namen der CDU-Stadtverbandsvorsitzenden Bärbel Müller zu entnehmen, in welcher von der CDU gar der Rücktritt des Vorsitzenden des Bau- und Umweltausschusses Karl-Heinz Hirschfelder (SPD) gefordert wurde.

Hirschfelder erwiderte darauf per 29. Mai 2008 – ebenfalls öffentlich – an die Adresse der CDU-Stadtverbandsvorsitzenden Bärbel Müller.

Wie sich sodann aus einer Ratsvorlage vom 12. Juni 2008 zur Sitzung des Rates der Stadt Herford am 20. Juni 2008 ergibt, hat der Bielefelder Strafrechtler Dr. Detlev Binder gegenüber der Stadt Herford die Auffassung vertreten, Scheffer habe sich in der Sitzung des Bau- und Umweltausschusses am 13. März 2008 wegen

  • übler Nachrede und Beleidigung zum Nachteil des Stadtbediensteten
    Herrn Dr. Peter Maria Böhm
  • übler Nachrede und Beleidigung zum Nachteil des Stadtbediensteten
    Herrn Uwe Werner
  • übler Nachrede zum Nachteil der Stadtverwaltung Herford

strafbar gemacht.

Nach einer bereits am 11. Juni 2008 veröffentlichten Pressemitteilung „Klage gegen Ratsmitglied“ hat die Verwaltung mit Bürgermeister Bruno Wollbrink an der Spitze sodann tags darauf gegenüber den örtlichen Medien in einem Pressegespräch erklärt, dass sie – der Empfehlung des von Wollbrink mandatierten Bielefelder Strafrechtlers Dr. Detlev Otto Binder folgend – Strafantrag gegenüber Ratsmitglied Heinz-Günther Scheffer – und nur gegen Scheffer – stelle.

Kurz darauf war der Presse sodann zu entnehmen, dass die Staatsanwaltschaft Bielefeld den Antrag, bzw. die vorstehenden Anträge  nicht weiter verfolgen werde.

Per 27. Juni 2008 schreibt darauf der Pressesprecher des Bürgermeisters:

Zur Mitteilung der Staatsanwaltschaft, dass das von der Stadt Herford angestrengte Verfahren gegen das Ratsmitglied Heinz-Günther Scheffer eingestellt worden ist, teilt Bürgermeister Bruno Wollbrink mit:

Diese Entscheidung der Staatsanwaltschaft ist für mich nicht nachvollziehbar. Es ist nicht akzeptabel, wenn ein Ratsmitglied Korruptionsvorwürfe gegen die Verwaltung und private Architekturbüros erhebt und dafür nicht den Beweis antreten kann. Als Dienstvorgesetzter habe ich gegenüber meiner Verwaltung eine Fürsorgepflicht.

Es geht schließlich um die Wahrung der politischen Kultur und des Miteinanderumgehens in den kommunalpolitischen Gremien.

Grundlage für die Entscheidung, gegen Herrn Scheffer Anzeige zu erstatten, war ein eindeutiges juristisches Gutachten der Anwaltskanzlei Dr. Binder und Partner.

Das weitere Vorgehen wird gemeinsam mit der beauftragten Anwaltskanzlei geprüft.

Dr. René Schilling

Am 09. Juli 2008 erhielt Scheffer sodann einen Anruf von Kämmerer Manfred Schürkamp (CDU), der Scheffer unterbreitete, dass die Staatsanwaltschaft Bielefeld der Beschwerde Dr. Binders nun doch folgen werde.

Nur wenige Tage später, am 28. Juli 2008, gab die Stadt Herford bekannt, dass sie Ihre Dienstanweisung zur städt. Vergabeverordnung novelliert habe.

Wörtlich heißt es in einer schriftlichen Mitteilung des Bürgermeisters vom 07. August 2008:

„Aufgrund der in der Bau- und Umweltausschussitzung am 13. März 2008 geäußerten Vorwürfe eines Ratsmitgliedes im Zusammenhang mit dem städtischen Vergabeverfahren haben der Bürgermeister, der Stadtkämmerer, der Baudezernent und der Leiter der Rechnungsprüfung zur Verbesserung der Transparenz der ausschreibungsfrei zu vergebenden Planungsleistungen von Stadt und IAB Richtlinien vereinbart.“

Der Mitteilung des Bürgermeisters angehängt ist die neue Dienstanweisung vom 28. Juli 2008 zur Vergabeverordnung der Stadt Herford.

Die neue Dienstanweisung ist zum 01. August 2008 in Kraft getreten.

Nachdem Scheffer von der Staatsanwaltschaft nichts hörte, sich aber außerhalb Herfords einer Operation zu unterziehen hatte, nahm er im Sommer 2008 vorsorglich von sich aus Kontakt zur Staatsanwaltschaft Bielefeld auf, um seinerseits einen Beitrag zur Ermittlung zu leisten.

In dem Zusammenhang musste Scheffer vom befassten Staatsanwalt immer wieder erfahren, dass man nicht weiterkomme, weil seitens der Antragsteller – trotz diverser Anmahnungen – nicht die erbetenen Informationen und Unterlagen geliefert würden.

Kurz vor Jahresende ließ der Staatsanwalt Scheffer auf dessen Nachfrage, was er – Scheffer – eventuell noch zu einer raschen Entscheidung beitragen könne, wissen , dass er den Antragstellern für die Zureichung der geforderten Unterlagen  nunmehr eine allerletzte Frist bis zum 31. Dezember 2008 gesetzt habe.

Er habe gegenüber den Antragstellern angekündigt, lasse man den Termin 31. Dezember 2008  ebenfalls fruchtlos verstreichen, werde der Antrag schon deshalb erneut abgewiesen.

Anfang des Jahres ließ der Staatsanwalt Scheffer auf dessen erneute Nachfrage hin wissen, dass nun Unterlagen der Antragsteller eingetroffen seien.

Parallel dazu habe Kämmerer Manfred Schürkamp den Staatsanwalt angerufen, und nachdrücklich darum gebeten, die Anträge bitte nicht erneut zurück zu weisen.

Scheffer hat zwischenzeitlich bewusst die Antragsteller Böhm und Werner auf das Verfahren angesprochen.

Zuletzt habe ihm der städtische Abteilungsleiter Uwe Werner am 23. Januar 2009 – von Scheffer auf „sein“ Verfahren gegen ihn und den Verfahrensstand angesprochen –  in Gegenwart Werner Seegers (CDU) wörtlich geantwortet: „Davon hab‘ ich doch keine Ahnung“.

Den Antragsteller Dr. Peter Maria Böhm habe er am  29. Januar  2009 – anlässlich eines Anrufs Böhms – ebenfalls gefragt, ob er eigentlich wisse, wie es um „sein“ Verfahren gegen ihn bestellt sei. Böhm habe geantwortet: „Genau weiß ich es nicht. Aber wir werden von Herrn Schürkamp regelmäßig informiert.“

Anlässlich Scheffers nächster Nachfrage hinsichtlich des Verfahrensstandes, warf der Staatsanwalt die Frage auf, ob Scheffer sich unter Umständen vorstellen könne, noch einmal in einem Schreiben zum Ausdruck zu bringen, dass es nicht seine Absicht gewesen sei, die Herren Dr. Peter Maria Böhm und Dipl.-Ing. Uwe Werner mit Vorhalten zu belegen und ansonsten einen Betrag in Höhe von  €  500,- an eine zu benennende Einrichtung zu entrichten.

Scheffer hat darauf – unter Hinweis auf die bisherige Korrespondenz – erwidert, dass er im Verfahren bereits wiederholt schriftlich zum Ausdruck gebracht habe, dass von ihm zu keinem Zeitpunkt Herrn Dr. Böhm oder Herrn Dipl.-Ing. Werner sowie sonstigen Entscheidungsträgern gar eine kollusive Mitwirkung an der ihm von Herrn Gabriel beschriebenen Vergabepraxis angelastet worden sei.

Diese angeblichen Vorwürfe habe man vielmehr schlicht herbei zu reden versucht.

Ferner hat Scheffer erklärt, dass die Zahlung eines Geldbetrages seines Erachtens mit einer Art „Schuldanerkenntnis“ gleichzusetzen sei, wozu er keinerlei Veranlassung sehe.

Einig war man sich sodann in dem Punkt, dass Scheffer ein anstehendes Gespräch mit Schürkamp nutzen werde, um diesen auf die Angelegenheit anzusprechen, nachdem ausgerechnet Schürkamp den Staatsanwalt angerufen hatte, um darum zu bitten, das Verfahren nicht etwa einzustellen.

Schürkamp – am 16. Februar 2009 von Scheffer angesprochen – entgegnete dass er das Verfahren „so laufen lassen wolle“.

Im Folgetermin am 23. Februar 2009 sagte Herr Schürkamp, er habe inzwischen mit dem Bürgermeister gesprochen. Dieser habe ihn in seiner Meinung, die „Dinge laufen zu lassen“, bestätigt.

Scheffer hat diese Botschaft dem Staatsanwalt übermittelt, der sodann seinen Antrag auf den Weg gebracht hat.

Auf Scheffers Frage, ob  der Staatsanwalt empfehle, sich – analog der Stadt Herford/Herrn Schürkamps – langsam in anwaltliche Hände zu begeben, ließ der Staatsanwalt Scheffer wissen,  dass dies seines Erachtens noch nicht geboten sei.

Er empfehle vielmehr, zunächst abzuwarten, ob ein Richter / eine Richterin der Staatsanwaltschaft folge und einen Strafbefehl erlasse.

Dieser liegt nun vor! Und Scheffer hat sogleich schriftlich Einspruch geführt.