Strafbefehl vom 11. März 2009 – zugestellt am 17. März 2009

Herford, 17. April 2009    Einspruch H.G. Scheffers zum Strafbefehl

Sehr geehrte Damen und Herren,

zur Wahrung der Frist hatte ich gegen den o.g. Strafbefehl vom 11. März 2009 – zugestellt  17. März 2009 – fristgerecht Einspruch eingelegt.

Die Begründung des Einspruchs hatte ich in dem Schreiben bereits avisiert.

Meinen Einspruch begründe ich wie folgt:

Die mir  vorgeworfene Straftat der üblen Nachrede gemäß § 186 StGB habe ich nicht begangen.

Denn, zum einen habe ich öffentlich keine ehrverletzende, nicht erweislich wahre Tatsache behauptet, zum anderen waren meine Worte gemäß § 193 StGB gerechtfertigt.

1.) Vorab ist klarzustellen, dass die erste der zwei im Strafbefehl inkriminierten Äußerungen, nämlich:

„ . . . der ehemalige Bürgermeister Thomas Gabriel habe in einem Gespräch  die Aussage getätigt, er habe dem „grünen“ Architekten Nickles den Elsbach-Bau gegeben, damit er den “ Grünen “ Even im Bauausschuß im Boot habe, und dem “ roten “ Architekten Feld von FUN den Wall, damit er die SPD auf seiner Seite habe „, so nicht korrekt ist.

Vielmehr habe ich Herrn Gabriel in der Sitzung vom 13. März 2008 wörtlich – wie ich auch schon in meinem Schreiben vom 20. September 2008 angegeben habe – wie folgt zitiert:  „Ich gebe dem grünen Nickles das Elsbach-Gebäude. Dann habe ich dort die Grünen im Boot. Und dem roten Feld gebe ich den Wall. Dann habe ich dort die SPD im Boot.“

Sollte dieser genaue Inhalt entscheidend sein, werde ich dafür verschiedene Zeugen benennen.

Insoweit wird gegebenenfalls um einen richterlichen Hinweis gebeten.

Dass ich diese im Rahmen eines spät abends zwischen Herrn Gabriel und mir geführten Telefonats gemachte Aussage des ehemaligen Bürgermeisters zutreffend wiedergegeben habe, wird sich bei dessen zeugenschaftlicher Vernehmung ergeben, die hiermit förmlich beantragt wird.

Zudem passt das Zitat  nahtlos in den Kontext des Geschehens, insbesondere der vorangegangenen Telefongespräche, die ich in meinem in den Akten befindlichen Schreiben an die Staatsanwaltschaft Bielefeld vom 20. September 2008 ausführlich geschildert habe.

Ich habe also lediglich wahrheitsgemäß eine Äußerung des ehemaligen Bürgermeisters  wiedergegeben. Damit habe ich – juristisch gesehen – jedoch nicht behauptet, dass auch der Inhalt der von Herrn Gabriel gemachten Aussage zutreffend ist.

2.) Was die zweite mir als strafrechtlich relevant zur Last gelegte Äußerung anbetrifft, so habe ich in Wahrnehmung berechtigter Interessen ( § 193 StGB ) gehandelt.

Auch insoweit ist allerdings zunächst klarzustellen, dass meine diesbezüglichen Worte weder die Behauptung eines „systematischen sachwidrigen Verhaltens der Verwaltung“ noch die des Verhaltens  „mit korruptionsnahen Zügen“ enthalten.

Vielmehr habe ich mit meinen Äußerungen  „ . . . dass es doch in der ganzen Stadt bekannt sei, wie die Vergabepraxis bei der Verwaltung tatsächlich funktioniere“ nur auf – auch in der Bevölkerung diskutierte – Missstände kritisch hingewiesen.

Dass die Vergabepraxis tatsächlich verbesserungswürdig gewesen ist, zeigt sich schon daran, dass sich die Verwaltung laut schriftlicher Mitteilung des Bürgermeisters vom 07. März 2008  „aufgrund der in der Bau- und Umweltausschusssitzung am 13.März 2008 geäußerten Vorwürfe eines Ratsmitglieds im Zusammenhang mit dem städtischen Vergabeverfahren“  per 28. Juli 2008 eine neue Vergabeordnung gegeben hat, die zum 01. August 2008 in Kraft getreten ist.

Meine Worte sind also im Rahmen des politischen Meinungskampfes als Reaktion auf die Unmutsäußerungen der anderen Ausschussmitglieder getätigt worden. In allen Angelegenheiten von öffentlichem Interesse und im politischen Meinungskampf gilt aber – wie § 193 StGB als Ausprägung von Art. 5 GG zeigt – eine Vermutung zugunsten der Meinungsäußerungsfreiheit, wobei das Recht, staatliche Maßnahmen auch scharf zu kritisieren, zum Kernbereich des Grundrechts gehört.

Eine Abweichung hiervon bedarf einer Begründung, die, wie schon das BVerfG in Band 93,266 ff entschieden hat, der konstitutiven Bedeutung der Meinungsfreiheit für die Demokratie Rechnung trägt.

Eine solche Begründung vermag ich im Strafbefehl nicht zu finden.

Zwar liegt im Falle einer sog. „Schmähkritik“ eine Einschränkung des Vorrangs der Meinungsfreiheit vor; herabsetzende Äußerungen, bei denen es nicht um die Sache geht, sondern die Diffamierung einzelner Personen im Vordergrund steht, habe ich aber nicht getätigt.

Insbesondere habe ich nicht, wie mir vorgeworfen wird, Herrn Dr. Ing. Peter Maria Böhm oder Herrn Dipl. Ing. Uwe Werner in ihrer Ehre verletzt oder dies auch nur gewollt.

Bei der insoweit  im Strafbefehl gemachten Aussage, dass  „die provokante Art und Weise des Vorbringens darauf hindeutet „, dass es mir zum Zeitpunkt der Äußerungen nicht in erster Linie um eine Bereinigung von Missständen, sondern um meine „persönliche oder parteipolitische Profilierung in der Öffentlichkeit ging“, handelt es sich nur um  eine Vermutung, die durch keinerlei Tatsachen belegt ist.

Ich werde daher mangels Verwirklichung einer Straftat freizusprechen sein.

Hilfsweise wäre ich aus prozessökonomischen Gründen – und damit sich die Politik in Herford endlich wieder den Sachthemen zuwenden kann – auch mit einer Einstellung des Verfahrens wegen Geringfügigkeit gemäß § 153 StPO einverstanden.

Mit freundlichem Gruß

Heinz-Günther Scheffer